Videospielhelden (1)
Far Cry




Inhalt:
„Es sollte ein ganz normaler Auftrag werden. Eine heisse Blondine chartert mein Boot und will abgelegene Inseln mitten in der Karibik erforschen. Leicht verdientes Geld also. Nichts lieber als das, Baby. Aber als mir eine Langstreckenrakete mein Boot unterm Hintern wegsprengt und ich als Treibgut auf einer dieser Inseln lande, ist Schluss mit Lustig. Ich bin sauer. Stinksauer! Und irgendjemand wird mir dafür Rechenschaft schuldig sein! Ich habe keine gute Laune...“

Story:
Sowas ist mir echt noch nie passiert: Ich sitze vor dem Computer und habe keine Ahnung, was ich bei der Produktion zum Punkt „Story“ schreiben soll. Wieso? Weil eben diese prinzipiell nicht existent ist. Was in der Inhaltsangabe steht ist der Aufhänger und etwa nach 5 Minuten Spielzeit geht es dann los mit dem Vergeltungsschlag des Protagonisten. Und der sieht in etwa so aus: Schießen, Explosion, Funken, Schießen, Funken, Explosion, Schießen … schrieb ich schon Explosion? Ja, es ist kein Witz … dieses Hörspiel ist ganz ohne Frage ein vertontes Videospiel, oder genauer gesagt ein vertontes Ballerspiel. Im ersten Moment kommt es einen auch noch ziemlich innovativ vor. 5 Minuten Vorspiel und dann … BAMM, voll auf die Fresse! Leider wird dieses Szenario aber doch schnell langweilig und genau da offenbart sich dann die größte Schwäche dieser Produktion: Die Spielzeit. 2 CDs werden uns präsentiert, aber man hat es dann auch wirklich geschafft, beide Silberlinge bis an die Kapazitätsgrenze zu füllen, so dass man 150 Minuten Action nonstop erwarten darf. Es kann durchaus möglich sein, dass sich jemand von genau dieser Vorstellung angesprochen fühlt. Wie bereits geschrieben: Zunächst fand ich die ganze Angelegenheit auch überaus ansprechend, aber mit steigender Spielzeit wird es irgendwie immer langweiliger. Jack Carver definiert den Begriff „One Man Army“ völlig neu und nimmt es hier ohne nennenswerte Probleme mit einigen Hundert Söldnern nebst mutierten Monstern auf und hat dabei stets noch einen coolen Spruch auf den Lippen. An sich nett, aber eben nicht gedehnt auf 150 Minuten, denn spätestens ab CD 2 sehnte ich das Ende herbei. Und was soll ich sagen: Die Handlung (von einer Geschichte mag ich nicht schreiben) wird nicht mal zu einem wirklich Abschluß geführt, außer, dass Calvert prinzipiell alles umbringt, was sich bewegt. Überaus fragwürdig präsentiert sich die Handlung also auch noch. Was soll ich also abschließen schreiben? Ich habe selten ein Hörspiel erlebt, dass unter größerer Inhaltsarmut litt, als dieses.

Sprecher:
Mehr als achtzig (80 !!) Sprechernamen findet man im Inlay der CD und die großen Namen fliegen einem hierbei nur so um die Ohren. Allerdings wird auch relativ schnell klar, wieso bei 79 Sprechern kein Rollenname angegeben ist. Es handelt sich hierbei schlicht und ergreifend um Redshirts, und ein Carakter dessen Auftritt in etwas so ausfällt … „Oh man .. hoffentlich begegne ich diesem Calvert nicht … PENG! Ah! “ … benötigt auch keinen Namen. Insofern ist es eigentlich auch völlig egal, ab diese One-Take-Charaktere nun von Wolfgang Pampel oder „nur“ Ralf „Searge“ Pappers gesprochen werden. Die Hauptarbeit liegt natürlich beim Sprecher des Protagonisten Jack Calvert. Und dieser wird von Thomas Nero Wolff gesprochen und ich kann nur sagen, dass dies absolut die richtige Wahl ist. Wohl kaum ein anderer als die deutsche Synchronstimme von Hugh „Wolverine“ Jackman könnte diese coole Sau verkörpern. Stellenweise übernimmt er auch Erzählerparts, wird dabei aber auch tatkräftig von Manfred „Bruce Willis“ Lehman unterstützt. Oben drauf noch Claudia Urbschat-Mingues, Engelbert von Nordhausen, Detlef Bierstedt und Thomas Danneberg und die gesamte Hauptcast ist bekannt. Die Regie hat die Sprecher gut angeleitet und in diesem Bereich kann man vollends zufrieden sein.

Musik und Effekte:
Alle gefühlten 120 Sekunden kommt es zu einer Schießerei oder einer Explosion. Da ist Technik natürlich gefragt ohne Ende, denn ein solches Actionfeuerwerk muss äußerst akribisch geplant sein, um den Film vor dem geistigen Auge ins Rollen zu bringen. Man darf sich jedenfalls auf einen akustischen Rundumschlag freuen, bei dem es permanent zur Sache geht. Nicht minder ansprechend präsentiert man sich auf der musikalischen Seite, denn immer wieder wird das Geschehen durch härte Klänge untermalt, die zu dem Action-Genre passen wie die Faust aufs Auge. Wie schon bei den Sprechern, so kann man auch hier auf der ganzen Linie punkten und braucht sich nicht hinter irgendwelchen Konkurrenzprodukten zu verstecken.

Fazit:
Selten zuvor ist mir die Bewertung einer Produktion derart schwergefallen, wie bei „Far Cry“. Wenn man nun nur die Sprecher und die technische Umsetzung dieses Hörspiel betrachtet, so könnte man wohl ruhigen Gewissens sagen, dass den Hörer hier ein absoluter Kracher erwartet. Nur … ja, nur leider gibt es da ja immernoch diesen Aspekt namens Geschichte/Story und hierbei greift man leider völlig daneben. Eine wirkliche Geschichte gibt es eigentlich gar nicht, nur einen dünnen Rahmen der einzig und allein auf die Actionszenen ausgelegt ist. Überhaupt wird Action nicht als stilistisches Mittel eingesetzt, sondern dient hier dem reinen Selbstzweck. Nach dem „Genuss“ dieser Folge verhärtet sich immer mehr die Frage, wen man mit der Serie „Videospielhelden“ denn nun eigentlich ansprechen will. Videospielfans? Die haben vermutlich mehr Spaß daran, das Geschehen aktiv zu gestalten, als sich 150 Minuten lang alles vorbeten zu lassen. Es wird bestimmt irgendjemanden da draußen geben, der sowas schon immer mal hören wollte und am Ende völlig geflascht ist. Ich selbst war am Ende nur froh, dass es endlich zu Ende war und habe mich gleichzeitig auch geärgert, dass man es nicht einmal schafft, die Handlung zu irgendeiner Form eines konkreten Schlusses zu bekommen. In Endeffekt überwiegt die Enttäuschung über die inhaltliche Leere und die lässt diese Hörspiel sogar unter den durchschnittlichen Bereich rutschen. Alles in allem eine schwache Produktion, bei der ich auch einfach nicht weiss, wem ich das nun empfehlen sollte.



lord gösel