Abseits der Wege
Kapitel 1: Unweit




Inhalt:
Wo unter Schatten verborgen
Bäche fließen und Wälder rauschen -
wo manche furchtsam vor dem Blendwerk fliehen
und kalte Faiyen ihrer Pfade ziehen -
tief im Dickicht die Unlichen lauschen
dem Wind und dem Flüstern,
nachts und bei Tag -
mit funkelnden Augen ... gen Tiefenhag.

Es war die Nacht vor dem großen Fest, die alles veränderte. Gaston Glück hatte Wanderer im Gasthaus von den Prupurnen Prüfern flüstern hören: Sie seien auf der Suche nach dem Welkenwerk, und niemand wusste, wem sie dienten. Es war diese Nacht, die nicht das Unheil ahnte...denn der Herbst war die Zeit und alle Zeit war der Herbst…

Story:
Wie schon bei „Gabriel Burns“ so gab es auch um „Abseits der Wege“ im Vorfeld einen ziemlichen PR-Rummel bei dem mit Superlativen nicht gegeizt wurde. Bevor man irgendwelche konkreten Informationen zur Produktion selbst hatte, wusste man schon, dass den Hörer hier der nächste große Knaller erwartet. Nun ist also das erste Kapitel „Unweit“ nach einiger Verzögerung erschienen und muss sich in einer Hörspielwelt behaupten, in der die Konkurrenz nicht grade klein ist. Leider kann die erste Folge der neuen Serie rein inhaltlich den ganzen Vorschusslorbeeren nicht gerecht werden. Ähnlich wie bei „Gabriel Burns“ gibt es auch hier einen großen Handlungsrahmen in den die Folge eingebettet ist. Leider gestaltet es sich aber so, dass man nach dem Hören der Folge herzlich wenig weiß und reichlich viel im Unklaren bleibt. Man mag nun denken: Moment, das ist bei Burns doch nicht anders. Und hier kommt eben der kleine aber feine Unterschied ins Spiel. Bei Burns sind die Folgen in der Regel in sich abgeschlossen und auch wenn eine Folge größtenteils „Füllerepisode“ ist, so ist dennoch stets ein Bezug zum Rahmen erkennbar und vor allem wurde durch die erste Folge zumindest ein Teil des Rahmens bekannt. Bei „Unweit“ reihen sich lange Szenen aneinander, deren Bedeutung sich dem Hörer nicht wirklich erschließen will und man wird mit allerlei fantasievollen Wortkreationen konfrontiert, zu denen die eine oder andere Erklärung wünschenswert wäre. Selbst dem Status einer „Einführungsfolge“ wird das erste Kapitel nicht wirklich gerecht, da erklärende Worte zu einer ganzen Reihe von Sachverhalten ausbleiben. Es schlummert sicherlich einiges an Potential in der Geschichte, nur muss man dies auch ausschöpfen. In den beiden nächsten Kapiteln müssen definitiv einige Erklärungen her. Sollte es allerdings ähnlich behäbig weitergehen könnte das gewaltig in die Hose gehen. Der Langen Rede kurzer Sinn: Der Inhalt stellt eine gewisse Enttäuschung dar, da die Handlung einfach nicht in Fahrt kommt und sich die fast 80 Minuten doch sehr ziehen.

Sprecher:
Betrachtet man das Cover, so kann man eine gewisse Anlehnung an Peter Jacksons Verfilmung von „Der Herr der Ringe“ kaum abstreiten und auch bei den Sprechern lässt sich diese Parallele ziehen. Für die Rolle des Hauptcharakters Gaston Glück wurde nämlich niemand geringeres als Timmo Niesner verpflichtet, der in der deutschen Fassung von „Herr der Ringe“ Frodo die Stimme lieh. Und auch Pippin-Sprecher Stefan Krause ist hier in einer größeren Rolle zu hören und … seien wir ehrlich die Gemeinsamkeiten zwischen den Rollen in besagtem Film und diesem Hörspiel kann man nur schwer leugnen. Doch was solls, denn was letzten Endes zählt ist die Leistung die geboten wird und die ist in beiden Fällen ausnahmslos gelungen. Überhaupt trifft diese Aussage nahezu auf alle vorkommenden Sprecher zu, was man aber erwartet, wenn man so ließt, wer hier alles vor dem Mikro stand. Allerdings gibt es bei einer Rolle ein gewisses Problem, nämlich beim Erzähler. Dieser Posten wird von Heinz Ostermann bekleidet und das hat sowohl Vor- als auch gewaltige Nachteile. Der positive Aspekt ist, dass Ostermann ganz einfach über eine Stimme verfügt, die einen direkt an einen netten Märchenonkel im Stil von Hans Paetsch denken lässt. Hand in Hand geht damit aber auch die Tatsache, dass Ostermann seine Texte oftmals recht behäbig vorträgt und das ist dann auch der negative Aspekt: Die Passagen des Erzählers sind in vielen Stellen recht lang und gelegentlich werden auch Sachverhalte erläutert, bei denen es an sich nicht von Nöten wäre, während einiges was man gerne wissen würde gar nicht erklärt wird. Hierdurch wird die Handlung, die sowieso schon recht zäh ist noch weiter ausgebremst und man gerät manchmal in die Versuchung nicht mehr so genau hinzuhören. An diesem Punkt sollte man für meinen Geschmack stark arbeiten, denn es kann eigentlich nicht sein, dass man sich stellenweise in langen Erzählerpassagen verliert, die einen gewissen tautologischen Touch haben, dabei auf der anderen Seite aber die Erklärung relevanter Sachverhalte vergisst. Trotz dieses Mangels, kann man den Sprecher insgesamt aber eigentlich nur sehr gute Leistungen bescheinigen.

Musik und Effekte:
Hier haben wir den Punkt, der den vollmundigen Vorankündigen absolut gerecht wird. Für die Musik wurde ein komplettes Orchester engagiert und das hört man wirklich sehr deutlich. Es gab in der Vergangenheit schon einige Produktionen, die mit einem filmreifen Soundtrack aufwarten konnten, doch bei „Abseits der Wege“ fand ich das Gebotene wirklich sehr imposant. Verträumt oder pompös, bedrohlich oder psychedelisch … man fährt hier große Geschütze auf, die für die passende Stimmung sorgen und eine sehr dichte Atmosphäre entstehen lassen. Und im Punkt Effekte wähnt man sich ebenfalls in der Tonspur eines Hollywoodfilms. Hier fällt mir nichts anderes mehr ein außer: Grandios!

Fazit:
Wenn man allein die technische Seite dieser Produktion betrachtet, so kann man wirklich sagen, dass „Abseits der Wege“ etwas absolut fantastisches geworden ist. Allerdings ist es aber eben doch etwas mehr als die technische Umsetzung, die überzeugend sein muss, damit ein Hörspiel in seiner Gesamtheit phantastisch wird. Zwar deuten die wirklich sehr guten Sprecher auch noch darauf hin, dass hier etwas Grandioses lauert, doch all das täuscht nicht über den gravierenden Mangel dieser Produktion hinweg: Die Handlung. In diesem Punkt enttäuscht man nämlich gleich zweimal. Auf der einen Seite weiß man am Ende der knapp 80 Minuten gar nicht so wirklich, was das denn nun alles sollte und auf der anderen Seite zieht sich die Geschichte an vielen Stellen auf fast schon unerträgliche Weise in die Länge. Man scheint mit dieser Serie den Versuch zu unternehmen das „Gabriel Burns-Prinzip“ bis ins Äußerste zu dehnen. Eine Kaufempfehlung kann ich für „Kapitel 1: Unweit“ jedenfalls nicht aussprechen. Wer von sich selbst weiß, dass er zu der Fantasy-Thematik so gar keinen Bezug hat, der liegt hier absolut falsch. Ich selbst habe aber durchaus einen Draht zu derartiger Literatur, habe mich aber auch nicht mal ansatzweise gut unterhalten gefühlt. Was einen auch nicht versöhnlicher stimmt ist die Tatsache, dass pro Jahr grade mal 3 Folgen(!) erschienen sollen. Da muss mit dem nächsten Kapitel schon eine radikale Steigerung im Punkt Story folgen, sonst könnte die ganze Kiste ziemlich nach hinten losgehen. Potential ist durchaus vorhanden, aber es wurde einfach nicht ausgeschöpft, so dass insgesamt eine recht durchschnittliche Produktion bleibt bei der der alte Spruch „Mehr Schein als Sein“ sehr passend ist.



lord gösel